Klinische Benchmarks: So schaffen Sie Klarheit und Vergleichbarkeit
Die zentrale Rolle der klinischen Bewertung ist es, zu zeigen, dass Ihr Produkt sicher und wirksam ist. Dies wird schon in der ersten der Grundlegenden Sicherheits- Und Leistungsanforderungen gefordert:
„Die Produkte erzielen die von ihrem Hersteller vorgesehene Leistung und werden so ausgelegt und hergestellt, dass sie sich unter normalen Verwendungsbedingungen für ihre Zweckbestimmung eignen. Sie sind sicher und wirksam […]“
MDR Anhänger I, Kapitel I, Alle
Diese Aussage bildet den Grundpfeiler, auf dem alle weiteren Anforderungen aufbauen. Doch wie Hersteller diese Sicherheit und Wirksamkeit nachweisen sollen, bleibt in vielen Aspekten offen.
In Anhang XIV werden diese Anforderungen etwas konkretisiert. Der Plan der klinischen Be-wertung soll „konkrete Parameter“ für die Stützung des klinischen Nutzens enthalten und die „qualitativen und quantitativen Aspekte der klinischen Sicherheit“ spezifizieren.
„a) Erstellung und Aktualisierung eines Plans für die klinische Bewertung, der mindestens Folgendes enthält: […]
— detaillierte Beschreibung des angestrebten klinischen Nutzens für die Pa-tienten mit relevanten konkreten Parametern für das klinische Ergebnis;
— Spezifizierung der für die Prüfung der qualitativen und quantitativen As-pekte der klinischen Sicherheit anzuwendenden Methoden unter deutlicher Bezugnahme auf die Bestimmung der Restrisiken und Nebenwirkungen;
— nichterschöpfende Liste und Spezifizierung der Parameter zur auf dem neuesten medizinischen Kenntnisstand beruhenden Bestimmung der Ver-tretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für die verschiedenen Indikationen und die Zweckbestimmung bzw. Zweckbestimmungen des Produkts;“
MDR ANHANG XIV, TEIL A, ABSATZ 1 A
Die hier geforderten Parameter und Methoden sind essenziell für die Bewertung der Sicherheit und Leistung und umfassen auch die klinischen Nutzen. Dies gilt nicht nur für die aktuelle klinische Bewertung, sondern auch für die Zukunft. Schließlich soll die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF) „die Sicherheit und die Leistung des Produkts während seiner erwarteten Lebensdauer […] bestätigen.“ (MDR ANHANG XIV, TEIL B, ABSATZ 6.1)
Doch was genau versteht man unter „konkreten Parametern“ oder „quantitativen Aspekten“?
Die Lösung hierfür können die Benchmarks darstellen.
Sie werden auch als Schwellenwerte oder Akzeptanzkriterien bezeichnet. Wie man sie auch nennen mag, zusammen mit den klinischen Endpunkten bilden sie die Grundlage für eine fundierte und nachvollziehbare quantitative Analyse um die Sicherheit und Leistung zu belegen.
Wie geht man vor?
Da die Parameter auf dem „neuesten medizinischen Kenntnisstand“ beruhen sollen, sollten diese aus der Literatur zum Stand der Technik (Englisch: State of the Art, SOTA) abgeleitet werden.
Nutzen Sie die gesammelte SOTA-Literatur und analysieren Sie diese. Gibt es bestimmte klinische Endpunkte, die besonders häufig analysiert werden? Diese könnten sich als Sicherheits- und Leistungsparameter für Ihr Produkt eignen. Achten Sie dabei auch qualitativ hochwertige und weitrechende Literatur. Es ist wichtig, dass der Auditor nachvollziehen kann, warum sich genau diese Endpunkte für die Bewertung ihres Produkts eignen. Geben Sie auch an, für welchen Aspekt dieser Endpunkt verwendet werden kann. Wird hierdurch die Sicherheit oder die Leistung oder beides bewertet? Welche dieser Endpunkte belegen zusätzlich ihren klinischen Nutzen?
Auch die Wahl der Benchmarks sollte genau nachvollziehbar sein. Betrachten Sie hierzu jegliche SOTA-Literatur, die diesen Endpunkt untersucht. Welche Werte werden erreicht und wie aussagekräftig sind diese Werte? Sie sollten nicht einfach den Mittelwert aller Werte bilden. Analysieren Sie die Fachliteratur und identifizieren Sie die Werte, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Grundlage und Relevanz als besonders aussagekräftig gelten. So sollte das Ergebnis einer umfänglichen Meta-Analyse bei der Bildung der Benchmarks stärker ins Gewicht fallen als eine einzelne Untersuchung eines bestimmten Produkts.
Bilden Sie realistische Werte als Akzeptanzkriterien. Ein „Schönrechnen“ der Zahlen zu einer angenehmeren Akzeptanzgrenze ist nicht sinnvoll, dies wird auch dem Auditor auffallen. Ebenso wenig sollten die Grenzen zu streng gelegt werden. Denken Sie daran, dass auch zukünftige PMCF-Daten mit diesen Benchmarks verglichen werden müssen.
Bedenken Sie bei der Auswahl der Parameter und Benchmarks auch die unterschiedlichen Zweckbestimmungen und Indikationen. So ist es beispielsweise möglich, dass bei einer b-stimmten Anwendung mit höheren Komplikationsraten zu rechnen ist als bei einer anderen. Benennen Sie, welcher Benchmark für welche Indikation gilt.
Sie werden auch als Schwellenwerte oder Akzeptanzkriterien bezeichnet. Wie man sie auch nennen mag, zusammen mit den klinischen Endpunkten bilden sie die Grundlage für eine fundierte und nachvollziehbare quantitative Analyse, um die Sicherheit und Leistung zu belegen.
Diese Fehler sollten Sie vermeiden:
1. Fehlende Definition geeigneter Parameter: Die Benchmarks sollten klar definiert werden und geeignet sein, um die klinische Sicherheit und Leistung zu belegen. Benennen sie auch ausdrücklich, ob es sich um einen Parameter für die Bewertung der Sicherheit, der Leistung oder für beides handelt. Unterscheiden Sie zudem zwischen unterschiedlichen Indikationen und Zweckbestimmungen.
2. Fehlender Bezug zum klinischen Nutzen: Achten Sie darauf, dass jeder klinische Nutzen durch relevante Benchmarks gestützt wird.
3. Mangelnde Transparenz: Die Auswahl der Parameter und Benchmarks sollte nachvollziehbar und klar begründet werden. Die Quellen, die in die Bildung der Benchmarks einfließen, sollten angegeben werden.
4. Unzureichende Validierung: Die Werte sollten repräsentativ und wissenschaftlich valide sind. Achten Sie auch auf ausreichend aussagekräftige Literatur.
5. Keine Berücksichtigung des Stands der Technik: Ohne eine fundierte Analyse des Stands der Technik können Benchmarks nicht sinnvoll abgeleitet werden. Dies führt zu unrealistischen oder nicht repräsentativen Akzeptanzbereichen.
Sehen Sie hier einige Beispiele zum Thema Benchmarking aus realen Clinical Evaluation Assessment Reports:
Zusammenfassung
- Klinische Endpunkte und Benchmarks sind ein zentraler Teil der klinischen Bewertung
- Benchmarks müssen vom Stand der Technik abgeleitet werden
- Benchmarks sind ein zentrales Element der klinischen Sicherheit und der klinischen Leistung
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